Grüne Linie = Gefahrene Strecke bis 8.8.2021
Region Myvatn
Wir sind am Myvatn (Mückensee) auf einem Campingplatz, weil unsere Solarzellen nur auf Sonne, nicht aber auf Regen reagieren. Seit gestern Mittag regnet es intensiv. Die Region birgt eine Vielfalt an Sehenswertem, aber bei trübem, feucht-kaltem Wetter braucht es Überwindung, im Freien herumzustoffeln. So beschränken wir uns auf ein Minimum und ziehen lediglich dahin, wo’s zischt, brodelt, dampft und nach Schwefel riecht. Man befindet sich hier auf dem Grabenbruchsystem zwischen der nordamerikanischen und eurasischen Kontinentalplatte.
Reise ins Hochland
Unser erstes Ziel ist der Godafoss, der Götterfall. Der Fluss Skjalfandafljot (na ja), der vom Hochland her kommt, stürzt publikumswirksam in die Tiefe und fliesst bei Husavik ins Meer. Hier beginnen wir unsere Reise ins Hochland und folgen dem Fluss aufwärts bis zu einem weiteren Wasserfall, dem Aldeyjarfoss, der malerisch in eine enge, aus schön ausgeformten Basaltsäulen bestehende Schlucht stürzt. Auf dem kleinen Parkplatz übernachten wir weit weg von Gut und Böse. Übrigens: Hochland heisst ca. 600 - 700m hoch, keine Asphaltstrassen, tiefe und weniger tiefe Furten und spektakuläre Landschaften.
Die Hochlandstrasse F26 verlangt nach einem robusten Geländefahrzeug, sie ist sehr löchrig und weist viele Querrillen - sogenanntes Wellblech - auf. Mein Chauffeur ist ständig mit voller Konzentration darauf bedacht, das Gerüttel in Grenzen zu halten und unser Gefährt sicher über die schmale Piste zu lenken. Haltemöglichkeiten gibt es kaum, das Gelände ausserhalb der Strasse ist nicht befestigt. Es wird ein langer Tag, der Geschwindigkeitsdurchschnitt beträgt etwa 25 km/h. Landschaftlich jedoch hat die Fahrt ihren besonderen Reiz. Die grosse Weite, oft sehr karg, dann wieder satt grün, da wo Wasser durch die Einöde fliesst.
Der Verkehr ist minim, man kann auf der einspurigen Strasse auch schlecht kreuzen. Vereinzelt sind Touristen mit Mietautos unterwegs. Heinz macht einem solchen Platz zum Überholen, doch auf gleicher Höhe hält das Auto an, das Fenster wird geöffnet und es kommt die Frage auf Schweizerdeutsch: „Händ ihr eu verfahre?“ Heinz antwortet entrüstet: „nüüüüt verfahre!!!“ „Aber vom Thurgau her...?“ „Ja das isch genau am Weg!“
In Laugafell, einem kleinen Übernachtungsplatz mit Hot Pot für Liebhaber eines warmen Bades, erhalten wir die beruhigende Auskunft, dass die folgenden zwei Furten nur eine Wattiefe von ca. 40 cm haben. Das erspart mir nasse Füsse und Heinz meistert die zwei Flussdurchquerungen vorsichtig aber problemlos. Kurz vor dem Tagesziel wird sogar die Strasse richtig gut. Trotzdem erreichen wir Varmahlid später als uns lieb ist.
Vor der Abfahrt erkundigt sich Heinz im Infobüro nach dem Strassenzustand der heutigen Route. Wir wollen erst die 756 und dann die 35 südwärts nehmen. Die Dame ist der Meinung, nach der gestrigen Strecke sei das heute „a piece of cake“. Tatsächlich ist die Strasse viel weniger holprig und das Fahren für Chauffeur und Beifahrerin um einiges angenehmer. Erst gegen Abend trifft das mit dem Kuchenstück nicht mehr zu.
Highlights dieser Tagesetappe sind wieder die endlose Weite, die Landschaft - eine Kies- und Lavawüste - und die Berge und Gletscher am Horizont. Wir kommen in die Gegend des Langjökull und des Hofsjökull, dem zweit- und drittgrössten Gletscher Islands. In Hveravellir besuchen wir des Teufels Küche. Rund 20 Quellen blubbern und brodeln hier. Zum Übernachten hat es uns allerdings zu viel Betrieb, wir fahren noch ein Stück weiter und finden an einem einsamen See ein Plätzchen nach unserem Gusto.
Die 35 ist auch am nächsten Tag kein Kuchenstück. Es rüttelt und schüttelt, die vielen Löcher und Querrillen verhindern ein zügiges Vorankommen. Für Heinz ist es Knochenarbeit, derweil ich die fantastische Weitsicht mit den Bergen und Gletschern im Hintergrund geniesse.
Beim Wegweiser Kerlingarfjöll zweigen wir links ab und leisten uns zusätzliche 2 x 10 km Holperfahrt hin und zurück. In besagtem Ort sollte farbiges Rhyolithgebirge zu sehen sein, Gletscher, heisse Quellen... Aber nun wird eine dicke Wolkenschicht herangeweht, die Sonne verzieht sich dahinter, anstatt die Farben der Felsen zu beleuchten. Es ist kalt, windig und regnerisch, Aussicht auf Besserung besteht keine, sodass wir uns auf einen Kaffee beschränken und wieder auf die 35 zurückkehren. Um die Mittagszeit geniessen wir in einem kleinen Beizli eine feine Spargelsuppe.
Nun bessert der Strassenzustand, die letzten 10 km sind sogar asphaltiert. Beim Gullfoss (Goldener Wasserfall) ist der grosse Parkplatz gut gefüllt, was uns nach der langen, einsamen Fahrt durchs Hochland nicht besonders positiv auffällt. Der Wasserfall ist trotzdem beeindruckend.
Am frühen Morgen des 2. August holen wir den gestern verpassten Nationalfeiertag nach. Noch vor den Touristen sind wir beim Platz der berühmten Geysire. Da kocht, brodelt, dampft und schwefelt es. Der Grosse Geysir hat sich zwar zur Ruhe gelegt, aber die Hinterlassenschaft aus seiner Aktivzeit, ein grosses Becken mit faszinierenden Sinterablagerungen, ist bemerkenswert. Der Geysir Strokkur hingegen ist fleissig und schiesst alle paar Minuten seine Fontäne in die Luft, womit wir beim 1. August angelangt sind. Es muss ja nicht immer ein Vulkan sein, obwohl es solche in Island zur Genüge hätte!
Die sattgrünen Wiesen und Felder im Süden fallen uns besonders auf. Die geothermische Energie wird für die zahlreichen Gewächshäuser und die Stromerzeugung genutzt. Bevor wir nach Reykjavik fahren, drehen wir ein Stück weit nach Osten, kommen an einem weiteren Wasserfall vorbei und hoffen, den immer wieder aktiven Vulkan Hekla zu sehen. Leider ist er vernebelt, doch was er mit der Landschaft angerichtet hat, ist weitherum sichtbar!
Reykjavik
Der Hauptstadt Islands widmen wir mehrere Tage. Einerseits gibt es einiges zu sehen und andrerseits haben wir verschiedene Geschäfte und Reparaturen zu erledigen. Zum Beispiel benötigte mein Handy nach einem unsanften Sturz ein neues Glas. In der dafür zuständigen Bude war natürlich genau dieses Teil nicht am Lager. Es daure 2-3 Tage und man müsse das Handy dort lassen, hiess es. Tatsächlich hatte ich fast 4 Tage Zeit, mich in einer Art Handy-Entzug zu üben...
Reykjavik ist eine freundliche Stadt mit grosszügigen Gebäuden und touristischen Attraktionen, aber auch einer charmanten Altstadt mit kleinen farbigen Häusern. Das Wahrzeichen Reykjaviks ist die Hallgrimskirkja, die Platz für 1200 Menschen bietet. Der 76 m hohe Turm hat eine aussergewöhnliche Form, zu der sich der Architekt von den Basaltsäulen inspirieren liess. Der Bau dieser Kirche dauerte 40 Jahre! Auffallend ist auch der Glasbau am Hafen, das Kongress- und Konzertzentrum Harpa. Gerne hätten wir einen Blick ins Innere geworfen, doch zurzeit ist es wegen Renovation geschlossen.
Eingestellt am 8.8.21/mb