Blau = Bahn-/Schiffsausflug Oslo-Bergen-Oslo 9.-10.5.19 

  Rot = Verlauf Camperreise bis 9.6.19

Alesund

Trollstigen

Trondheim

Insel Lovund

Bodö

27.5.-9.6.19: Fantastische Landschaften und interessante Städte

Alesund

Nach unserem Vogelinsel-Aufenthalt sind wir nun in Alesund angekommen, wo wir drei Tage bleiben. Alesund liegt auf einer Insel, umgeben von einer Ansammlung weiterer Inseln. 1904 brannte die kleine Stadt fast vollständig ab, worauf sie nicht mehr mit Holz-, sondern mit Steinhäusern im Jugendstil mit den typischen farbigen Dekorationen wieder aufgebaut wurde.

Warm angezogen und mit Regenschutz versehen besuchen wir das Meerwasser-Aquarium, schlendern durch die Strassen, schauen in die lutherische Kirche, fahren zum Aussichtspunkt Aksla und betrachten die Häuser, Inseln, Kreuzfahrt- und anderen Schiffe von oben. Ein besonderer Zufall bereichert unseren Aufenthalt in Alesund: Die Schwester von Heinz, die seit Jahrzehnten in Amerika wohnt, ist genau zu diesem Zeitpunkt mit einer Kollegin auf Kreuzfahrt von Rotterdam zum Nordkap und zurück. Als sie uns über ihre Pläne informierte, wusste sie nicht, dass wir zur gleichen Zeit Norwegen besuchen wollten. Mit Freude stellten wir fest, dass sich ein Treffen an einem ihrer Anlandeorte einplanen lässt. So feiern wir also hier ein fröhliches Wiedersehen und verbringen ein paar schöne Stunden zusammen.

Winter auf dem Trollstigen

Jetzt geht die Weiterreise in östlicher Richtung. Wir haben einen Pass im Visier, den man auch als Schweizer nicht verpassen sollte: Den Trollstigen = die Troll-Leiter. Er ist zwar nur 850m hoch, ähnelt aber dem Gotthard. Spektakulär ist die steile Talfahrt auf der Nordseite. Die Strasse schlängelt sich mit 10% Gefälle über elf Haarnadelkurven hinab und bietet herrliche Aussichten. Wir sind also gespannt!

Momentan regnet es in Strömen. In einem Ferienort am Fusse des Passes steht eine Tafel: Geschlossen von 03 - 10 Uhr. Auf die Frage, wie man das verstehen soll, heisst es, es werde in dieser Zeit ein Fernsehfilm gedreht. Na ja, hier ist um 3 Uhr nachts nicht Nacht, sondern Tag, aber ein strahlender Film wird das wohl nicht werden. Wir jedenfalls verbringen noch eine Nacht diesseits des Passes und hoffen für morgen auf bessere Bedingungen

Da gemäss Information eines Einheimischen keine Wetterbesserung in Sicht ist, fahren wir am folgenden Morgen nichtsdestotrotz los. Je höher wir kommen, desto weisser wird's. Auf dem Trollstigen tapsen wir durch Schneematsch zur Aussichtskanzel. Der Blick in die Tiefe ist überwältigend, wir hören auf zu sinnieren, wie schön er erst bei Sonnenschein wäre. Während der Talfahrt bin ich froh, einen passgeübten Schweizer Chauffeur zu haben. Der Verkehr ist noch gering und wir stellen uns vor, wie es da in der Hauptsaison wohl zu und hergehen muss. Jährlich wird die Strecke von rund einer halben Million Touristen befahren.

Im Tal angekommen meldet sich die Sonne zurück! Ganz wunderschön ist die Fahrt durchs Romstal zwischen einem Nationalpark im Süden und einem Skigebiet im Norden. Für die Übernachtung in der Nähe von Dombas folgen wir den Koordinaten aus einem Reiseforum. Sie führen in einen Wald bei einem kleinen Fluss, wo die Chance bestehen soll, Elche zu sehen. Tatsächlich finden wir ihre Hinterlassenschaften und freuen uns darauf, die Tiere zu beobachten, wenn sie am Fluss ihren Durst löschen. Ein Fischer kommt daher und ich frage ihn, ob und wann da am Abend Elche erscheinen würden. Er antwortet mit einem breiten "Jaaa" (ja und nei werden Schweizerdeutsch ausgesprochen), so zwischen 20 - 21 Uhr, meint er. Um 22 Uhr verkriecht sich Heinz schon mal in seinen Schlafsack, während ich noch eine knappe Stunde länger aus dem Fenster spähe, bevor ich aufgebe. Als kleine Entschädigung begrüssen uns am folgenden Morgen bei der Weiterfahrt drei Rentiere. Sie posieren allerdings nicht so lange, bis wir angehalten und die Kameras gezückt haben, sodass unsere Sammlung an Fotos von Tierhintern um weitere drei ergänzt wird.

Durch malerische Gegenden nach Trondheim

Nun wird die Landschaft karg und mystisch, umgeben von Schneebergen. Die Reise geht durch den Dovrefjell Nationalpark. Am Strassenrand entdecken wir einen Wanderer, der sein Gepäck in einem Handwagen hinter sich herzieht. Ob es sich wohl um einen Pilger auf dem 643 km langen Pilgerweg von Oslo nach Trondheim handelt?

In der ehemaligen Pilgerherberge Kongsvold, die sich inzwischen als Hotel der gehobeneren Klasse anbietet, genehmigen wir in gediegenem Rahmen einen Kaffee mit Apfelkuchen. Frisch gestärkt rollen wir weiter nach Trondheim. Hier gibt es in Altstadtnähe einen ruhigen Stellplatz für Wohnmobile, auf dem wir zwei Nächte bleiben.

Trondheim

Die Stadt hat 192'000 Einwohner und ist Sitz der Provinzregierung von Tröndelag sowie des Bistums Nidaros. An der Technischen Universität NTNU mit rund 30'000 Studenten wird an neuen Technologien geforscht.

Wir kommen erst am späteren Abend an. Nach dem Nachtessen gegen 21.30 Uhr unternehmen wir noch einen Abendspaziergang zum Dom und siehe da, die Seitentür ist offen, weil um 22 Uhr ein Orgelkonzert beginnt. Spontan mischen wir uns unter die Zuhörerschaft und hören und schauen einem virtuosen Organisten zu, wie er die gewaltige Orgel zum Klingen beziehungsweise Dröhnen bringt. Wenn wir auch nicht alle Stücke als Ohrenschmaus empfinden, ist es trotzdem ein unverhofftes, interessantes Erlebnis.

Der Nidaros-Dom ist der grösster Sakralbau Norwegens und Krönungsort der norwegischen Könige. Wir statten ihm am folgenden Tag nochmals einen ausgiebigen Besuch ab. Leider darf man in seinem Inneren nicht fotografieren. Hingegen darf man die Aussicht vom Turm aus mit den Kameras einfangen, sofern einem nicht die ganze Luft abhanden gekommen ist. Die 40 Höhenmeter werden über 172 hohe Tritte in einem sehr engen und nur knapp beleuchteten Wendelgang erreicht. Schön ist auch die Altstadt mit ihren alten Häusern und vor allem die farbigen Speicher am Kanalhafen, wo einst die Handelswaren gelagert wurden.

Nordwärts auf der E6

Die Fernstrasse E6 ist die direkte Verbindung in den Norden auf dem immer schmaler werdenden Land. Sie führt abwechslungs- und aussichtsreich an Fjords, Seen und Flüssen vorbei, mal flach, mal hügelig, mal wird man an die Schweiz erinnert, mal auch an Kanada. Den häufigen Warntafeln am Strassenrand nach zu schliessen, müssen in den Wäldern Unmengen von Elchen hausen.

In einem Flusstal übernachten wir auf einem schönen Stellplatz mit Blick ins Grüne und freuen uns auf den morgigen Besuch eines Lachsmuseums mit Lachsräucherei und Aquarium. Das wird dann allerdings ein "Tag der geschlossenen Türen, gesperrten Strassen und ungeeigneten Übernachtungsplätzen". Es gibt sie manchmal, diese Tage, an denen nichts nach Wunsch läuft. Die ganze Lachsangelegenheit ist wegen Bauarbeiten geschlossen, am Nachmittag müssen wir wegen gesperrter und für uns unklar signalisierter Strasse einen Umweg von 30 km in Kauf nehmen und am Abend ist der vorgesehene Übernachtungsplatz, für den wir extra auf einem kleinen Natursträsschen zu einem See gefahren sind, ungeignet für unser Auto. Abgesehen davon sind all die schönen Kirchen, an denen wir fast täglich vorbeikommen, in der Regel geschlossen. Ich habe zwar die Hoffnung noch nicht aufgegeben und will immer wieder anhalten, nur um festzustellen, dass die Tür verriegelt ist.

Die Nacht verbringen wir bei strömendem Regen auf einem Parkplatz zusammen mit einigen Wohnmobilen und ein paar Riesenlastwagen. Wie zur Versöhnung strahlt die Sonne am nächsten Morgen und beleuchtet die Aussicht von unserem Stellplatz, die gestern Abend im Nebel verborgen war. Traumhaft schön ist die folgende Etappe über den Korgpass nach Mo i Rana. Obschon der Pass nur 560m hoch ist, sieht es hier oben sehr alpin aus. Zum Teil liegt noch Schnee und in den Bergseen schwimmen Eisreste. Man sieht sogar bis zum Svartisen Gletscher, der mit einer Fläche von rund 400 Quadratkilometern und einer Dicke bis 600 Metern Norwegens grösste Gletscherregion darstellt. Wir werden in den kommenden Tagen noch mehrmals ein Stück davon erspähen.

Nochmals eine Vogelinsel: Lovund

In Mo i Rana, der kleinen Stadt südlich des Polarkreises, holen wir im Tourismusbüro Unterlagen über die Gegend bis Bodö und die Lofoten. Die junge Angestellte macht uns auf die winzige Vogel-Insel Lovund aufmerksam, sodass wir uns spontan für einen Abstecher dorthin am nächsten Tag entscheiden. Eine Fähre schippert uns in 1,5 Stunden von Stokkvagen hinüber auf die 500-Seelen-Insel, die hauptsächlich aus einem spitzen Berg besteht. Platz hat es entsprechend wenig, doch wir finden trotzdem einen idyllischen Ort für die Nacht. Wieder einmal steigen wir in die Höhe, um den tausenden Papageientauchern und einem Seeadler zuzuschauen. Allerdings ist das Spektakel weiter weg als auf der Insel Runde, sodass wir die Vögel nur mit den Augen, nicht mit den Kameras festhalten können. Speziell ist, dass die Papageientaucher jedes Jahr genau am 14. April herkommen, um ihr Junges - eines pro Paar - grosszuziehen.

Am nächsten Tag schnüren wir nochmals die Wanderschuhe. Wir möchten die Insel zur Hälfte umrunden und den Seeadlern einen Besuch abstatten. Bald müssen wir aber feststellen, dass das steile Gelände sehr unwegsam ist und sich weder der "Wegmacher", noch der "Wegmarkierer" besondere Mühe gegeben haben. Hinzu kommt ein starker Wind, der uns beinahe fortweht. Deshalb kehren wir nach einer Stunde wieder um. Gesehen haben wir Schafe, Möwen, weit oben einen Adler und eine schöne Aussicht.

Auf der Küstenstrasse nach Bodö

Das nächste Ziel heisst Bodö, das wir auf der romantischen Küstenstrasse und über zwei Fährpassagen erreichen. Während der ersten, einstündigen Fährfahrt von Kilboghamn nach Jetvik überqueren wir den Polarkreis. Wenn nicht der Kapitän darauf aufmerksam gemacht hätte, hätte man es glatt verpasst. Zum Glück wird einem auf einer normalen Fährfahrt nicht Eiswasser in den Kragen geleert, wie das auf gewissen Touristenschiffen Tradition ist.

Bei trübem, regnerischem Wetter geht die Fahrt weiter. Wir kommen an Lachsfarmen vorbei und erhaschen neblige Blicke auf eine Zunge des Svartisengletschers. Ein lang geplantes und ersehntes Ziel ist der Saltstraumen, wo der angeblich stärkste Gezeitenstrom der Welt beobachtet werden kann, weil sich Ebbe und Flut durch eine enge Passage zwischen zwei Inseln zwängen müssen. Auf der eleganten Strassenbrücke, welche die Inseln verbindet, kann das Schauspiel beobachtet werden. Die Koordinaten dieses Beobachtungsplatzes stehen in unserem Reiseführer - aber was wir nicht wissen: Es ist die vorangehende, falsche Brücke! Einer Tabelle entnehmen wir die beste Zeit, wann die Flut am stärksten ist, warten eine Stunde und begeben uns dann in Position. Der Himmel ist immer noch trüb und die Wirbel, die entstehen, sind nicht der Rede wert. Enttäuscht machen wir uns auf den Weg Richtung Bodö, der über eine weitere Brücke führt. Hier realisieren wir, dass das diejenigen gewesen wäre. Im Vorbeifahren sieht man, wie es immer noch schäumt, aber der Höhepunkt ist längst vorbei und bis zum nächsten um 22 Uhr dauert es fünfeinhalb Stunden. Ich fasse es nicht! Als ob mir jemand tüchtig auf den Deckel gehauen hätte, sitze ich blind, taub und stumm auf meinem Sitz vorne rechts, während Heinz wortlos die 35 km bis Bodö fährt.

Zuerst suchen wir die Touristeninformation auf. Die Dame empfiehlt uns als Attraktion der Stadt einen Besuch des Saltstraumens! Ich könnte sie umbringen! Inzwischen ist es 18 Uhr geworden und mein Göttergatte, der natürlich gemerkt hat, wie schlecht es mir geht, macht den rettenden Vorschlag: "Komm wir fahren nochmals zum Saltstraumen (35 km pro Weg + Strassenmaut) und schauen uns die 22-Uhr-Show an. Übernachten können wir unter der Brücke beim Wohnmobil-Stellplatz". Schlagartig hellt mein Gemütszustand auf. Unterdessen hat auch die Stimmung am Himmel aufgehellt. Zusammen mit ein paar anderen Touristen stehen wir rechtzeichtig in der Mitte der richtigen Brücke und gucken von hoch oben auf die Wirbel hinunter, die das zurückfliessende Wasser erzeugt. Es ist absolut faszinierend, der Aufwand hat sich auf jeden Fall gelohnt!

Am nächsten Morgen geht's also ein zweites Mal nach Bodö. Wir müssen um 15 Uhr am Fährhafen sein, es bliebe noch Zeit für ein oder zwei Museen, die uns interessieren und die gemäss Touristeninformation offen sein sollen. Das Luftfahrtsmuseum öffnet aber erst in einer Woche und das Ortsmuseum ist zwar sonntags geöffnet, jedoch nicht an 'hellig dager'. Heute ist halt Pfingstsonntag, eben so ein 'heiliger Tag'. Dafür ist der 1956 in schlichtem Stil erbaute Dom offen. Sein Vorgänger wurde 1940 beim Bombenagriff der Deutschen Wehrmacht total zerstört, zusammen mit 420 der damals 760 Häuser der Stadt. Zum Schluss flanieren wir in der vorübergehend warmen Sonne und geniessen einen feinen Bananensplit, bevor uns die Fähre Richtung Lofoten schaukelt.

Eingestellt am 14.6.2019/mb

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