SKANDINAVIEN-REISE 2019

Zugvögel...

"Wann bei einem Zugvogel die Zugunruhe einsetzt, ist genetisch festgelegt..." steht in einem Wikipedia-Artikel geschrieben. Auch Zugvögel ohne Flügel können periodisch von einer solchen Zugunruhe heimgesucht werden, wenn sie die entsprechenden Gene erwischt haben (stammt nicht aus Wikipedia). Deshalb ziehen auch wir - rund zwei Monate nach den Kranichen - nordwärts Richtung Skandinavien.

1.-5. Mai:

Reise in den Norden

Durch Deutschland und Dänemark nach Norwegen

Die Reise nach Frederikshavn in Norddänemark verteilen wir auf vier Tage. Das gibt uns Zeit, Staus auf der A7 zu umgehen, in hübschen deutschen Städten wie Bad Kissingen und Celle einen gemütlichen Halt einzuschalten und an ruhigen, idyllischen Plätzchen abseits der Autobahn zu nächtigen. Das Wetter ist aprilmässig, wir sind froh um eine funktionierende Heizung und ein wasserdichtes Camperdach. Zwischendurch zeigt sich auch die Sonne und beleuchtet das intensive Gelb der blühenden Rapsfelder, die wie riesige Teppiche in der Landschaft liegen. Auffallend sind auch die vielen Windgeneratoren, moderne Nachfahren der alten Windmühlen sozusagen.

Am Sonntag, 5. Mai bringt uns die stattliche Fähre "Stena Saga" in zehn Stunden nach Oslo. Auf dem Sonnendeck ist es zwar zeitweise sonnig aber sehr kalt und es gibt ausser viel Wasser nicht viel zu sehen. Erst im Oslofjord, wo die Nordsee mit ihrem Meeresarm bis ins Landesinnere hineinreicht, ziehen Inseln und Landstreifen an uns vorbei. Am Horizont entleeren sich schwarze Wolken.

N O R W E G E N

6.-8. Mai:

Oslo

Oslo, Hauptstadt Norwegens, ca. 0,5 Mio. Einwohner

Zuerst holen wir die Winterkleider hervor, die wir für den hohen Norden eingepackt hatten. Oslo empfängt uns mit 4°C und einem heftigen, eiskalten Wind. In den darauffolgenden zwei Tagen wird es etwas freundlicher, aber die Winterkleider bleiben in Betrieb.

Die Stadt hat viel Interessantes zu bieten: Die neue Oper mit ihrem begehbaren Schrägdach, ein architektonisches Wunderwerk, oder wie immer man es nennen will. Die Fussgängerzone zwischen Bahnhof und Königspalast, die am Dom, am Parlamentsgebäude, an der Uni, dem Nationaltheater, vielen Läden und Menschen vorbeiführt. Das Rathaus mit seinen beiden massigen Türmen und dem dekorativen Festsaal,

 wo jedes Jahr der Friedensnobelpreis verliehen wird. Speziell erwähnenswert ist der schön angelegte Vigelandpark, ein aussergewöhnliches, weitläufiges Kunstwerk mit tausenden überlebensgrossen Menschenfiguren aus Granit, Marmor und Bronze. Unter anderem kann ein 17m hoher Obelisk aus einem Stück, in den 121 Figuren gemeisselt wurden, bewundert werden. Der Erschaffer, Gustav Vigeland, war ein unglaublich fleissiger Mann und der Betrachter seiner Werke kommt reichlich in den Genuss nackter Gestalten in allen möglichen Posen...

Der Museums-Halbinsel Bygdöy statten wir einen ausgiebigen Besuch ab. Besonders interessiert uns das Fram-Museum. Es wurde um die 'Fram' herum gebaut, das Schiff, mit dem sowohl Fridtjof Nansen 1893-96 zum Nordpol als auch Roald Amundsen 1910-12 zum Südpol reisten. Das schön restaurierte Schiff kann betreten werden und vermittelt einen Eindruck, wie die damaligen Abenteurer gelebt haben. Beim Anblick der winzigen Kabinen sind wir froh, dass "unsere" Fram, mit der wir 2016 die Antarktis besuchten, nur den Namen des Originals übernommen hat! Das zweite Museum, das wir uns vorknüpfen, ist das Vikingskipshuset (Wikingerschiff-Haus), das drei komplette Wikingerschiffe zeigt, nachgebaut nach den in Norwegen ausgegrabenen, über 1000 Jahre alten Originalen. Ein Film veranschaulicht, wie die draufgängerischen Seefahrer einen beachtlichen Teil der Welt eroberten und plünderten, aber auch Handelskolonien errichteten, z.B. in Irland und Russland.

Ein einzigartiges Erlebnis wird uns am dritten Oslotag beschert. Wir stochern nichts ahnend auf der alten Festung Akerhus herum und wundern uns über die hohe Polizeipräsenz, bis wir darüber informiert werden, dass heute, am 8. Mai, die Befreiung Norwegens von der Deutschen Wehrmacht 1945 gefeiert wird. Auf einem grossen, abgesperrten Platz präsentiert die königliche Hofgarde, die 2017 am Basel-Tattoo mitwirkte, eine stramme Show. Als Höhepunkt wird König Harald V. (mit Jahrgang 1937 nicht mehr so stramm) mit seiner Entourage angefahren, es werden Reden geschwungen und Medaillen an verdiente Militärpersonen und Veteranen übergeben. Über all dem feierlichen Geschehen strahlt die Sonne ein vorläufig letztes Mal. Die Prognosen für die kommenden Tage sind schlecht und leider zutreffend.

9.-10. Mai:

Oslo - Bergen - Oslo

Ausflug nach Bergen an der Westküste mit interessanter Bahn- und Fjordschifffahrt

Diesen Zweitages-Ausflug haben wir schon von zu Hause aus gebucht und natürlich nicht damit gerechnet, dass er von Regen, Nebel und Schnee begleitet wird. Nachdem wir in Oslo je zwei Nächte in einem ruhigen Park und auf dem aussichtsreichen Holmenkollen nahe der Sprungschanze verbracht haben, bringen wir das Wohnmobil auf den Campingplatz, damit es während unserer Abwesenheit in guten Händen ist. Um die Mittagszeit fahren wir mit der "Bergenbahn", der einzigen Bahnverbindung zwischen Oslo und Bergen, westwärts. Die Reise dauert sieben Stunden - heute wegen eines technischen Defekts noch eine länger. Die Strecke führt von Meereshöhe aus durch einsame Landschaften bis hinauf auf 1'222m und wieder hinunter zur Westküste. Das höherliegende Gebiet hat ähnlichen Charakter wie in der Schweiz der Berninapass. Leider regnet es unablässig, Nebelschwaden verhüllen Hügel und Berge und in der Höhe herrscht noch tiefer Winter.

Die sehenswerte Stadt Bergen werden wir später, wenn wir mit dem Camper vorbeikommen, besichtigen. Jetzt eilen wir mit hochgeschlagener Kapuze ins Hotel bei der Schiffsstation, stellen den Wecker und hoffen vergeblich auf bessere Wetterverhältnisse für morgen.

Um 8 Uhr fährt das Schiff zwischen grossen und kleinen Inseln nach Norden und dreht dann ostwärts in den Sognefjord, den längsten und tiefsten Fjord Norwegens. Diese Schiffsreise ist faszinierend und wir stellen uns vor, wie schön sie erst wäre, wenn es nicht regnete... Nach gut fünf Stunden sind wir in Flam,einem kleinen Touristenörtchen. Ab hier fährt die Flambahn auf einer spektakulären Strecke, die zu den schönsten Europas gehört, fast 900 Meter in die Höhe nach Myrdal. Bei einem Wasserfall gibt's einen Fotohalt, es ertönt laute Musik, eine Frau singt ein melancholisches Lied und plötzlich sieht man sie, die 'Wasserfall-Fee', wie sie in ihrem roten Kleid hoch oben am Berghang tanzt. Mysteriöses Norwegen!

In Myrdal heisst's wieder umsteigen auf die Bahn Richtung Oslo und nochmals über den 1'222m hohen Pass, der unterdessen noch weisser geworden ist. Durch das Schneetreiben sehen wir ein paar Skifahrer sowie einen Kytesurfer auf Skiern. Man kann dem starken Wind auch etwas Positives abringen! Gegen 23 Uhr fährt der Zug mit bloss 20 Minuten Verspätung im Bahnhof Oslo ein. Eine halbstündige Busfahrt noch bis zum Campingplatz, kräftiges Aufheizen des Häuschens und dann ab ins warme Bett. Es war trotz unwirtlichen Wetterbedingungen ein sehr lohnenswerter Ausflug.

Den 11. Mai verbringen wir grösstenteils auf dem Campingplatz mit Erledigen von Wäsche sowie allerlei Büro-, Haus- und Fahrzeugarbeiten. Für die letzte Nacht in Oslo fahren wir nochmals zum Holmenkollen hinauf. Es bläst ein zügiger, kalter Wind. Morgen werden wir auf unseren eigenen vier Rädern weiterreisen und siehe da, der Wetterbericht verspricht Besserung bis zum Ende der Woche. Hurra!

Eingestellt am 16.5.19/mb (bei strahlendem Wetter seit fünf Tagen!)

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