Grüne Linie = Total gefahrene Strecke
Sonntag, 29.8.
Wieder in Reykjavik
Einmal mehr nisten wir uns auf „unserem“ Stellplatz am Hafen ein. Wenn wir schon hier sind, erledigen wir ein paar Dinge wie Wäsche, skypen, einkaufen etc.
Am nächsten Tag, 30.8., wird noch Blog Nr. 4 ins Netz gestellt, bevor wir am Nachmittag bei Regen und Nebel losfahren. Zuerst besuchen wir Thingvellir, der für Isländer bedeutendste Ort des Landes. Hier kommen sie seit der Ausrufung des Freistaates 930 hin, wenn besondere Ereignisse wie die Gründung der Republik Island 1944 gefeiert werden. Der Ort wurde schon 1928 Nationalpark und gehört seit 2004 zum Unesco-Welterbe. Besonders interessant für uns ist die Tatsache, dass hier die Fortsetzung des mittelatlantischen Rückens, wo die amerikanische und die eurasische Kontinentalplatte auseinanderdriften, deutlich zu erkennen ist. Messungen haben ergeben, dass sich der Graben, der von Nordosten nach Südwesten verläuft, in Thingvellir jährlich um 8 mm senkt und um 2 cm ausdehnt.
Leider herrschen immer noch Regen und Nebel vor, sodass wir die Besichtigung kurzhalten. Auf dem Weiterweg kommen wir an einem Parkplatz vorbei, wo ein uns bekanntes Wohnmobil steht, dasjenige von Beatrice und Hans. Nachdem sich unsere Reisewege vor einem Monat getrennt haben, sind wir uns nur noch virtuell begegnet. Aber ein reales Wiedersehen macht mehr Freude!
Auf der Ringstrasse Nr. 1 ziehen wir durch den Süden der Insel, von West nach Ost. Nach einigem Suchen finden wir gegenüber des Wasserfalls Skogafoss ein wunderbares Nachtlager.
Im Süden
Überraschung am nächsten Morgen: Sonnig, warm, windstill! Wir bleiben noch in der Gegend und fahren ein Stück retour bis Landeyjahöfn. Dort fährt 4-5 mal pro Tag eine Fähre nach Heimaey, die grösste der Vestmannaeyjar-Inseln (den Westmänner-Inseln), deren südlichste, Surtsey, erst 1963-67 entstanden ist. Heimaey wurde 1973 berühmt, als während fünf Monaten ein neuer Vulkan ausbrach. Lava und Asche begruben ein Drittel aller Gebäude unter sich und die Insel bekam einen neuen Berg, den Eldfell.
Wir parkieren und stellen fest, dass die nächste Fähre demnächst ablegt. Kurz entschlossen nehmen wir sie und sind 40 Minuten später in Heimaey. Dort machen wir uns zu Fuss auf den Vulkan Eldfell. In einer Stunde sind wir oben, bewundern die Aussicht und werden beinahe fortgeweht. Wieder zurück dauert es nicht mehr lange bis zur Rückfahrt mit der Fähre.
Einen fulminanten Schlusspunkt des Tages setzt der Wasserfall Skogafoss. Sein Wasser rauscht und spritzt 60m in die Tiefe, und heute sorgt sogar die Sonne für den passenden Regenbogen!
Der nächste Tag beginnt trüb. Wir fahren zur Südspitze Islands. Beim Kap Dyrholaey betrachten wir von oben schwarze Strände und bizarre Felsformationen, in Reynisfjall kommt man auf dem schwarzen Sand an Felsen und Höhlen vorbei, umrahmt von Basaltsäulen. Oberhalb der Säulen nisten unzählige Vögel.
Nach dem Mittagshalt in Vik geht die Reise weiter auf der Ringstrasse. Schön ist der Blick zum Gletscher Myrdalsjökull. Für die Nacht zweigen wir von der Hauptstrasse ab und fahren ein gutes Stück auf Naturstrasse in die „Wildnis“ weit abseits der Zivilisation. Man hört nur das kräftige Rauschen des Flusses Leira.
Im Süden des Nationalparks Vatnajökull
Nun haben wir ein besonderes Ziel: Der Süden des riesigen Nationalparks Vatnajökull. Der Vatnajökull ist das grösste Gletschermassiv Islands, wir werden nur die Ausläufer im Süden sehen. Die Fahrt bis zum Campingplatz Skaftafell ist einzigartig. Die unendlich weiten Lavafelder Eldhraun, die mit einem gräulichen Moosteppich überwachsen sind, geben der Landschaft eine surrealistische Note. Sie sind durch den Ausbruch des Vulkans Laki entstanden, der von Juni 1783 bis Februar 1784 dauerte. Gleichzeitig führt die Route durch das immense Schwemmgebiet des Gletschers.
Kaum haben wir uns auf dem Campingplatz installiert, klopft es an die Tür. Beatrice und Hans sind zur gleichen Zeit am gleichen Ort, sie parkieren neben uns und wir verbringen nach dem Znacht eine fröhliche Kaffeerunde in unserer guten Stube.
Am folgenden Morgen wandern wir zu viert in die Höhe zum Aussichtspunkt Sjonasker, dessen Aussicht über das endlose Schwemmgebiet und zum Gletscher wegen des trüben Wetters minimal ausfällt, und zum Wasserfall Svartifoss, umrahmt von Basaltsäulen.
Am Nachmittag fahren wir zu den Gletscherseen Breidarlon und Jökulsarlon. Gerade rechtzeitig schickt die Sonne ihre Strahlen auf die blauschwarzen Eisberge. Die Szenerie ist beeindruckend und wird durch eine Vielzahl von Seevögeln auf den Eisbergen und eine Handvoll Robben im Wasser ergänzt.
Die Abendsonne begleitet uns auf der letzten Strecke der heutigen Etappe zu einem ruhigen, einsamen Stellplatz.
Weiter auf der Rte. 1 von Süden nach Osten
Bereits ist’s wieder trüb, neblig, regnerisch. Das Wetter ist so vielfältig und wechselnd wie die Landschaft. Das erste Ziel heisst Höfn (Hafen), ein kleiner Ort am Meer. Hier erledigen wir den Einkauf und die Kaffeepause, aber für einen gemütlichen Vogelbeobachtungs-Spaziergang dem Ufer entlang ist es uns zu kalt und feucht.
Später meldet sich die Sonne zurück und spendet angenehme Wärme. Im Vorbeifahren sehen wir eine enorm grosse Anzahl Singschwäne, doch ausgerechnet da hat es keinen Parkplatz. Vom nächst möglichen Platz aus sehen wir sie noch in der Ferne. Ein paar weitere schwimmen auch etwas näher und laut „singend“ vorbei. Ihr Gesang gehört aber eher in die Kategorie Lärm, so wie bei einigen Menschen auch. Zehn Minuten später, beim Leuchtturm Hvalnes, bläst bereits wieder ein garstiger, kalter Wind.
In Djupivogur ist die Situation ähnlich wie in Höfn. Es gäbe eine grosse Vielfalt an Vögeln zu beobachten, aber es ist kalt, feucht und unwirtlich. So beschränken wir uns auf einen Blick auf die 34 Steineier entlang der Küstenstrasse. Die um ein Vielfaches vergrösserten Eier sind den echten Eiern der heimischen Vögel nachgeformt.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Berufjords verbringen wir die Nacht auf einem Parkplätzchen.
Das war mal wieder eine Nacht nach Isländer-Art: Stundenlanger tosender Sturm mit heftigem Regen. Es fühlte sich an wie im Autowaschtunnel. Auch am Morgen ist’s noch so garstig, dass wir nicht mal nachsehen, ob die nächtliche Autowäsche auch ordentlich durchgeführt wurde.
Heute fahren wir das letzte Stück auf der Ringstrasse Nr. 1 nordwärts bis Egilsstadir. Langsam taucht die wunderbare Landschaft aus dem Nebel auf, es wird immer trockener und freundlicher. Am Ende scheint sogar die Sonne. Wir kennen unterdessen ja den stetigen Wetterwechsel, sind aber trotzdem immer wieder verblüfft, wie schnell und radikal dieser vonstattengehen kann.
In Egilsstadir schliesst sich der Kreis. Hier sind wir auch wieder in einem grösseren Ort, wo wir verschiedenes erledigen können. Da wir auf dieser Reise mehrere isländische Autowerkstätten unterstützt haben, wollen wir diese Tradition auch hier fortsetzen. Seit rund einer Woche verliert eines der vier Räder etwas Luft, sodass Heinz jeden Morgen eine Extradosis Druckluft nachfüllen muss. In Egilsstadir finden wir eine Pneu-Werkstatt, wo die Ursache rasch entdeckt wird: Ein 2,5 cm langer Gewindebolzen steckt im Pneu! Also wird der Bösewicht entfernt und der Schaden sehr effizient behoben, diesmal ohne mühselige Wartezeiten auf bestellte Ersatzteile und dergleichen.
Nochmals ins Hochland
Die Wetterprognosen sind gut und wir haben noch genügend Zeit zur Verfügung, um uns den letzten Hochlandwunsch zu erfüllen: Den Askja-Krater am Nordrand des immensen Gletschermassivs Vatnajökull.
Dem langen See entlang, den der Fluss Lagarfljot gebildet hat, fahren wir südwestlich bis zum Karahnjuka Stausee. Bis hier ist die Hochlandstrasse noch asphaltiert. Dann beginnt die Rüttelpiste F910, über die wir langsam durch die karge Landschaft holpern. Der Blick in die Berge und ab und zu Richtung Gletscher ist fantastisch. Bei einem Tor wird man auf einer Tafel willkommen geheissen im Vatnajökull-Nationalpark, diesmal im Norden. Über unebenes Lavagestein und schwarzen Sand kommen wir noch einen Gang langsamer dem Campingplatz Drekagil näher, wo wir die Nacht verbringen.
Askja - Hochlanderlebnis spezial!
Warm eingepackt machen wir uns am frühen Morgen auf in Richtung Krater, die ersten paar Kilometer mit dem Auto, die folgenden 3 zu Fuss. Die Caldera Askja mit dem See Öskjuvatn ist vor rund 6000 Jahren entstanden, es ist ein fast kreisförmiger Einsturzkessel mit einem Durchmesser von 8 km. Am Nordrand des Sees liegt der Kratersee Viti mit seinem milchigen, grünblauen Wasser. Hier könnte man ein warmes Bad nehmen, was in dieser Kälte durchaus willkommen wäre. Aber: Es geht steil hinunter und es riecht extrem übel...
Nun holpern wir wieder den gleichen Weg wie gestern durch den Nationalpark zurück und nehmen dann die F905 nordwärts bis Mödrudalur. Die kleine Siedlung bietet den Touristen köstliche Fotosujets mit ihren nachgebauten Torfhäusern. Ein eisig kalter Wind und eine gewisse Müdigkeit unsererseits stehen aber einem gemütliche Verweilen im Weg. Ein paar Fotos, die Pneus wieder auf Normaldruck aufpumpen und dann weiter Richtung Übernachtungsplatz. Dieser passt thematisch gut zum heutigen Tag, es ist ein kleiner „Privatkrater“, wo man ruhig und ungestört schlafen kann.
Ausklang...
Der folgende Tag ist strahlend. Wir steigen auf „unseren“ Kraterrand, schauen in die Ferne und zum winzig kleinen Wohnmobil, bevor wir Richtung Myvatn weiterfahren. Hier waren wir schon zu Beginn der Reise, damals aber bei Regenwetter. Wir bleiben eine Zeitlang und geniessen die schöne Landschaft und die Sonne. Die Neugierde auf Neues hat aber etwas nachgelassen, der „Schwamm“ ist langsam vollgesogen. So nehmen wir den Tag gemütlich ohne spezielles Programm. Am Nachmittag fahren wir nach Akureyri zwecks Autowäsche und Einkauf und dann dem Eyjafjord nach nordwärts bis Hauganes, wo wir am Hafen ein nettes Plätzchen in Beschlag nehmen.
Weiter geht’s am nächsten Tag um die ganze Landzunge. Zwei Museen, die uns interessiert hätten, sind bereits geschlossen. Die Touristensaison geht ihrem Ende entgegen. Auch am folgenden Tag ziehen wir eine kleine Nordrunde, kosten die farbige, abwechslungsreiche Landschaft aus und wundern uns ein letztes Mal über die schnell wechselnden Wetterlaunen auf dieser Insel. Speziell interessant ist die Beobachtung, wie die zahllossen, weit verstreuten Schafe zusammengetrieben werden. Das muss ein mehrtägiger, aufwendiger Job sein. Die Tiere werden wohl den langen Winter in Ställen verbringen müssen.
Am 15. September bringt uns die Fähre nach Dänemark. Bis dann sind noch ein paar wenige Tage, die mit allerlei Erledigungen gefüllt werden. Wir sind begeistert von Island, von der Vielfalt, den grossen Gegensätzen, den Naturschönheiten und -wundern und wir sind wettermässig übers Ganze gesehen besser als erwartet davongekommen. Es war eine wunderbare Reise, die uns in bester Erinnerung bleiben wird.
Eingestellt am 14.9.21/mb