Blau = Bahn-/Schiffsausflug Oslo-Bergen-Oslo 9.-10.5.19
Rot = Verlauf Camperreise bis 10.7.19
F I N N L A N D
28.6.-1.7.19 Sevettijärvi
Inari - Ivalo
Sodankylä Rovaniemi
Kemi - Tornio
Was ist das bloss für eine Sprache?
In Finnland ist endgültig Schluss mit irgendetwas verstehen! Wir haben auch in Norwegen die gesprochene Sprache praktisch nicht verstanden, hingegen konnten wir uns von geschriebenen Informationen in der Regel einen Reim machen. Mit Deutsch- und Englischkenntnissen ist das oft recht einfach. Abgesehen davon sind wir in ganz Norwegen problemlos mit Englisch durchgekommen.
Und jetzt sind wir in Finnland. Auch hier wird zum Glück Englisch gesprochen. Aber was da auf all den Ortstafeln, Infotafeln etc. steht ist fast nicht zum Buchstabieren. Dass viele Buchstaben doppelt vorkommen, macht das Ganze nicht einfacher, nur länger. So etwa müssen sich Analphabethen fühlen!
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Auf der Eismeerstrasse durch die finnische Tundra
Landschaftsmässig sind wir nach der langen Reise durch Norwegen sehr verwöhnt. Plötzlich ist alles mehr oder weniger flach, viel Wald, viele Birken, viele Seen, Moore... wenig Menschen. Und es geht geradeaus. Wenn doch eine Kurve kommt, sieht's dahinter wieder gleich aus. Auf einer Anhöhe karge Bergtundra und etwas Weitsicht, dann wieder wie gehabt. Trotzdem hat auch diese Landschaft ihren Reiz und zudem finden wir meistens schöne Stellplätze zum Übernachten.
Besonderheiten am Weg
Die Reise bietet immer wieder kleinere oder grössere Besonderheiten. Zum Beispiel ein Kaffeehalt in einem kuriosen Beizli oder die speziell schöne, rot-weisse Kirche von Tervola, die wir auf der Suche nach einem Pausenplätzchen entdecken. Dann der Inarisee, der grösste See Finnlands, mehr als doppelt so gross wie der Bodensee mit über 3000 Inseln. Der See ist sehr verzweigt, man sieht ihn nur in Teilstücken.
Sehr interessant ist der Besuch eines Freilichtmuseums über die Samen in Inari. Wir haben zwar schon einiges von der Sorte gesehen, aber dieses Museum übertrifft alles Bisherige. Besuchenswert ist auch die alte Holzkirche von 1689 in Sodankylä. Gleich nebenan steht die "neue" Kirche von 1859. Beide sind sehr schön und sogar offen. In unserem Reiseführer stehen Öffnungszeiten bis 18h. Es ist 17h und eine Frau ist gerade daran, die Türen zu verschliessen, weil die Öffnungszeiten eben geändert haben. Sie ist aber so freundlich und lässt uns in beide Kirchen einen bewundernden Blick werfen.
Bei Rovaniemi überfahren wir den Polarkreis in südlicher Richtung. Hier wohnt der Weihnachtsmann, der jeweils mit den Rentieren durch die Lüfte angesaust kommt. Im "Santa Village" ist das ganze Jahr Weihnachten, aber da wir weder Bedarf an Christbaumschmuck noch an kitschigem Krimskrams haben, lassen wir den Rummel links liegen. Rovaniemi gilt mit ca. 60'000 Einwohnern als die Hauptstadt Lapplands und wird wegen der zahlreichen Spielautomaten "Las Vegas des Nordens" genannt. Unsere Begeisterung von der Stadt hält sich in Grenzen. Es weht ein kalter Wind, in den Strassen fehlt deshalb das Leben. Wir bummeln eine Zeitlang herum und machen uns dann auf den Weiterweg.
Nach vier Tagen sind wir am Bottnischen Meerbusen, wie der Ostseearm so schön heisst. Hier verabschieden wir uns von Finnland und fahren zur Grenze nach Schweden.
S C H W E D E N
1.7.-10.7.19
Lulea
Gammelstad
Pitea
Umea
Härnösand
Gävle
Stockholm
Willkommen in Schweden!
Schlagartig hat das mit der Sprache eine Wende zum Besseren genommen. Schwedisch und Norwegisch sind sich sehr ähnlich, sodass wir Schweizer auch nicht mehr so neben den Schuhen stehen.
Südwärts am Bottnischen Meerbusen
Auch in Schweden erleben wir landschaftlich keine erwähnenswerten Highlights. Die Berge fehlen und die Meeresküste sieht man von der Schnellstrasse E4 aus nur selten. Dafür unendliche Wälder, viele Seen, weiter im Süden auch Land- und Viehwirtschaft auf den grossen, weiten Ebenen. Irgendwoher muss die "Mjölk" ja kommen. Die Ausschau nach Elchen fruchtet insofern, als wir zweimal eine Elchkuh und einmal ein Jungtier sichten. Die Freude darüber ist aber auf erwähnter Schnellstrasse mit Tempo 80 und keinerlei Anhaltemöglichkeit von sehr kurzer Dauer. Abgesehen davon gibt es auch auf dieser Strecke einiges zu erleben.
Urtümliches Kirchendorf Gammelstad
Als Erstes besuchen wir bei Lulea das Kirchendorf Gammelstad aus dem 16. Jh., das zum UNESCO-Welterbe gehört. In früheren Zeiten war in Schweden das Einzugsgebiet der einzelnen Kirchgemeinden sehr gross. Für die Gläubigen war es daher unmöglich, am Sonntag zum Gottesdienst und wieder zurück nach Hause zu kommen. Deshalb ging man nur an hohen Feiertagen in die Kirche und blieb länger dort. Zum Übernachten gab es für die Bauern kein Hotel, sondern eine Reihe von Hütten mit Ställen und Lagerhäusern. Ausser dem Gottesdienst fand an diesen Tagen meist ein Markt statt und die Menschen erledigten allerlei Dinge, die in ihren Dörfern nicht möglich waren.
In Gammelstad sind noch 408 Häuschen vorhanden. Sie gehören privaten Eigentümern und werden für kurze Aufenthalte genutzt. Permanentes Wohnen ist gemäss einem alten Gesetz nicht erlaubt. Der Boden gehört der Kirchgemeinde, sodass man das urtümliche Dorf besichtigen kann. Eines der Häuschen dürfen neugierige Besucher sogar betreten. Auffallend sind die kurzen Betten, man schlief im Sitzen...
Die Kaffeepause
Ein täglicher Kaffeehalt am späteren Vormittag gehört bei uns zur Reisetradition. Am liebsten ist uns ein nettes Beizli in einem hüschen Ort mit Cappuccino im Angebot. Oder so. Manchmal müssen wir mit dem Vorlieb nehmen, was halt am Weg angeboten wird, manchmal aber werden wir überrascht. In Pitea zum Beispiel gefällt uns das Flair dieser Kleinstadt, die wir ohne Koffeinbedarf gar nicht besucht hätten.
Am folgenden Tag entdecken wir am Strassenrand der E4 ein Täfeli: Café 10 km, dann 5 km, dann Café Pfeil nach links in ein kleines Dorf namens Burea (mit Ringli auf dem a, möglicherweise Büro ausgesprochen). Weit und breit kein Kaffeeschuppen, aber ein Pfeil in einen Park zu einem Haus, das uns privat vorkommt. Wir treten in die gute Stube ein und stellen fest, dass wir im Haus irgendeiner wichtigen, verstorbenen Persönlichkeit sind, deren Domizil nun als Café genutzt wird. Die entsprechende Familiengeschichte hängt in reinem Schwedisch an der Wand. Wir setzen uns aufs Sofa, konsumieren lauwarmen Filterkaffee mit Gebäck und bewundern die Heimorgel, die wohl einst von den Hausbesitzern gespielt wurde. Dann wandeln wir durch den Park zur Kirche. Vor allem gefällt uns die verzierte Deckenkonstruktion. Das also war der Kaffee im Büro..
Die E4 bringt uns weiter nach Süden, vorbei an einem moorigen Naturschutzgebiet und schliesslich zu einem leeren Parkplatz am Badestrand von Normaling. Immer wieder finden wir zufällig ideale Übernachtungsorte und manchmal fühlt sich sogar die Temperatur halbwegs sommerlich an.
Dass in Ländern mit so viel Wald intensive Holzwirtschaft betrieben wird, versteht sich von selbst. Oft sehen wir Spuren davon, wie gerodete bzw. neu aufgeforstete Waldflächen sowie Holztransporte auf Lastwagen und Bahn.
Stadt- und Coiffeurbesuch in Gävle
In Gävle nördlich von Stockholm schalten wir eine längere Pause ein. Wir möchten das Eisenbahnmuseum besuchen, das aber wegen Renovation geschlossen ist. So schlendern wir durch die Strassen der durchaus sehenswerten Innenstadt. Zudem statte ich einem "Frisör" einen Besuch ab. Schon vor einem Monat unternahm ich einen Haarschneideversuch, der nicht nach meinem Gusto ausfiel. Der Coiffeur, ein syrischer Kurde, gab sich zwar alle Mühe, verstand aber mangels Englischkenntnissen nicht so recht, was ich von ihm wollte. Ich nahm es ihm nicht übel und betrachtete die Sache als kleine Flüchtlingshilfe. Nun möchte ich aber den etwas einseitigen Haarschnitt ausbessern lassen und gerate wieder an einen fremdländischen, schlecht Englisch sprechenden Barbier. Ihm ist offenbar sofort klar, was ich wünsche und er schnipselt in einem Höllentempo an meinem Kopf herum. Nach einer Viertelstunde verlasse ich den Salon derart kurzgeschoren, dass ich mich selber kaum noch erkenne. Zum Glück weiss Heinz, dass er in solchen Situationen am besten auf jeglichen Kommentar verzichtet.
Stockholm, ca. 870'000 Einwohner
Drei Tage verbringen wir in Schwedens Hauptstadt. Wir wohnen ganz nobel an der Waterfront, Stockholms bevorzugter Wohnlage. Genau genommen liegt diese Wohnlage etwas erhöht mit entprechender Aussicht, wir aber haben einen wunderbaren, halbwegs ruhigen Parkplatz direkt am Riddarfjord erwischt, von wo wir die Altstadt bequem zu Fuss erreichen können.
Auf unseren ausgiebigen Städtewanderungen durchforsten wir unter anderem den charmanten alten Stadtkern Gamla Stan und die Fussgängerzone Drottninggatan. Wir besuchen das Nobelpreis-Museum und finden in den Akten sogar unseren Nachbarn, Richard Ernst, der 1991 den Nobelpreis für Chemie bekam. Natürlich darf auch das Königsschloss nicht fehlen. In unserem Reiseführer wird es zwar als ein schmuckloses Viereck bezeichnet, was bezüglich Aussenansicht leider stimmt. Die Innenräume hingegen sind alles andere als schmucklos, so wie es sich für ein Königsschloss aus dem 18. Jh. gehört. Zufällig sind wir gerade zur Wachablösung vor Ort, aber da sich ausser uns noch ganze Heerscharen von Touristen dafür interessieren, bekommen wir die Zeremonie nur im Hintergrund mit. Immerhin hört man die stramme Musik und das Bellen des Kommandanten. Auch das Rathaus ist ein Bau voller Superlative, ebenso das Parlamentsgebäude.
Mit einem Hop-on Hop-off Bus lassen wir uns zusätzlich an den Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei chauffieren. Beim Vasa-Museum hüpfen wir aus dem Bus und setzen die Stadtrundfahrt erst ein paar Stunden später fort. Die Vasa war ein Flaggschiff der schwedischen Kriegsflotte, das 1628 gebaut und mit hunderten von geschnitzten und prachtvoll ausgeschmückten Holzskulpturen verziert wurde. Das Schiff sank am Tag seiner Jungfernfahrt noch im Stockholmer Hafen. Es war das erste Kriegsschiff, das zwei Kanonendecks übereinander hatte, was die Stabilität beeinträchtigte. Nach dem Untergang gab es vier Beschuldigte: Der Schiffsbauer, der bereits ein halbes Jahr zuvor verstorben war und der König, der keinen Verzug der Inbetriebnahme tolerierte. Weiter wurden der Admiral, der die Flotte befehligte und der Kapitän angeklagt, weil sie Anzeichen der Instabilität des Schiffes zu wenig ernst genommen hatten. Der Einfachheit halber sprach man schliesslich den verstorbenen Schiffsbauer schuldig.
Nach 333 Jahren auf dem Meeresgrund konnte das Wrack 1961 geborgen werden. Es wurde 30 Jahre lang extrem aufwendig restauriert. Im Museum kann man das zu 98% aus Originalteilen bestehende Segelschiff besichtigen und gleichzeitig erhält man viele interessante Informationen über das Leben in der damaligen Zeit. Die Gestaltung des Museums ist absolut hervorragend.
Eingestellt am 16.7.19/mb