Ausklang der Schiffsreise

Bevor wir mit der Fram im Hafen von Ushuaia eintreffen, sehen wir das berühmt-berüchtigte Kap Horn, die südlichste Insel Südamerikas, wo einst unzählige Segelschiffe in den Stürmen untergingen.

In Ushuaia herrscht noch Winter, es ist kalt aber immerhin sonnig. Auf den Bergen liegt Schnee. Ushuaia nennt sich „das Ende der Welt“. Wenn das so ist, wo sind wir denn gerade gewesen? Nach einem schönen, 3¼-stündigen Charter-Flug nach Buenos Aires heisst es Abschied nehmen von den Mitreisenden, die wir in den letzten drei Wochen liebgewonnen haben.

Buenos Aires II Uruguay: Montevideo - Fray Bentos

Argentinien I


16.11.-9.12.16

Buenos Aires zum Zweiten  16.-21.11.16

In einem Hotel in der Innenstadt quartieren wir uns nochmals für fünf Tage ein. Es ist sommerlich warm geworden in Buenos Aires. Blühende Bäume, vor allem Jacarandas mit wunderbar duftenden blauen Blüten schmücken die Stadt, auf den Strassen und Plätzen herrscht noch mehr Menschengewusel.

Am Donnerstag geraten wir in die wöchentliche Demonstration der „Madres de la Plaza de Mayo“, die seit über 30 Jahren mit Bildern von Verschwundenen aus der Zeit der Militärdiktatur Aufklärung über deren Verbleib fordern. Von den ursprünglichen Müttern, gekennzeichnet mit weissen Kopftüchern, sehen wir noch vier, aber wie es scheint, wird die Aktion von der nächsten Generation weitergeführt.

Die bestellte Haftpflichtversicherung fürs Auto können wir termingerecht in Empfang nehmen. Sie deckt die Länder Uruguay, Argentinien, Chile und Bolivien ab. Ist doch schon mal was. Im Übrigen geniessen wir den Aufenthalt in der pulsierenden Stadt, besuchen eine elegante Tangoshow, bummeln, sehen, hören, staunen. Die Menschen sind meist höflich und nett. Ab und zu werden wir auch ein bisschen übers Ohr gehauen und lernen daraus, dass man halt auf der Hut sein sollte. Aber richtig weh hat’s bis jetzt noch nicht getan. Zur allgemeinen Sicherheit tragen die unzähligen Polizisten, Securitas- und anderen Wächter bei, die an jeder Ecke und vor jedem halbwegs wichtigen Gebäude positioniert sind.

URUGUAY

Einwohner: 3,5 Mio. / Fläche: 176‘215 km2

Hauptstadt: Montevideo / Sprache: Spanisch

Staatsform: Präsidiale Republik

Staatsoberhaupt: Tabaré Vázquez

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Montevideo, 1,3 Mio. Einwohner  21.-28.11.16

Wieder befördert uns die Fähre Francisco nach Montevideo hinüber, wo wir für die nächsten acht Tage ein Hotelzimmer im Zentrum der Stadt beziehen. Es sind Prachtstage, die wir gemütlich und planlos verbringen, solange wir noch Zeit haben und von allen Seiten bedient und verwöhnt werden. Auf Schusters Rappen erkunden wir die Altstadt, mischen uns unters Volk, spüren und erleben, wie es hier so zu und hergeht. In der Fussgängerzone und am Hafen ist immer Markt. Zusätzlich findet sonntags in einem Quartier ein sehr belebter Lebensmittel-, Waren-, Handwerker- und Trödlermarkt statt, den wir uns natürlich nicht entgehen lassen wollen. Es gibt nichts, was man hier nicht kaufen könnte, und sei es noch so alt und kaputt. Auf dem Rückweg kommen wir an einem Platz vorbei, wo Musik ertönt und jedermann zum Tanz ermuntert wird. Die tanzfreudigen Frauen sitzen in einer Reise und werden von den Männern aufgefordert. Es wird vor allem Tango getanzt, den einige recht gut beherrschen.

Endlich, am Freitag 25.11. fährt der um neun Tage verspätete Frachter mit unserem Camper ein. Wir sprechen schon mal bei der Migración vor - wo fliessend spanisch gesprochen wird - und erhalten die Papiere für die temporäre Einfuhr des Autos. Die Bill of Lading ist erst am Montag bei der Reederei abholbereit. Nach Erhalt dieses wertvollen Papiers hat der Spediteur namens Eduardo Kessler alle Hände voll zu tun. Es warten sieben europäische Paare sehnlichst auf ihr Wohnmobil. Am Montagabend ist es soweit. Freudig nehmen wir unser Häuschen in Empfang, ohne dass sich jemand für dessen Inhalt interessiert hätte. Dabei hatte ich genau darauf geachtet, keine unerlaubten Lebensmittelvorräte einzupacken und von den erlaubten auch nur so viel, wie erlaubt ist…

Reiseverlauf 29.11.-9.12.2016

Montevideo - Fray Bentos (Grenze zu Argentinien)     29.11.-2.12.16

Jetzt ist definitiv Schluss mit dem Verwöhnprogramm! Wir sind gespannt, was alles auf uns zukommen wird!

Zum Strassenverkehr in Uruguay liegen uns zwei verschiedene Informationen vor:

A. Die unvorhersehbare Fahrweise und die ungenügende technische Wartung vieler Autos erfordern höchste Konzentration von allen Verkehrsteilnehmern.

B. Die Verkehrsdichte ist gering, die Auto- und Lkw-Fahrer sind rücksichtsvoll, das Autofahren ist entspannt.

Wir entscheiden uns für Variante B und werden Recht behalten!

Unsere erste Etappe ist kurz, das Ziel ist ein Stellplatz im Norden von Montevideo. Kaum sind wir aus der Stadt, scheint es, als wären wir im Nirgendwo gelandet. Der Platz ist weit abseits. Das GPS führt uns zu einem grossen, eingezäunten Gelände mit abgeschlossenem Tor, wo wir sehr stürmisch empfangen werden von drei wild bellenden Hunden. Wir bleiben vorerst im Auto und warten skeptisch ab. Auf dem Gelände sehen wir ein kleines Haus und zwei grosse abgestellte Wohnmobile, die wohl schon lange hier stehen. Nun kommt eine junge Frau, Veronica, sperrt die Bestien in einen Zwinger und nimmt uns wesentlich liebenswürdiger in Empfang. Sie und ihr Mann Emmanuel sprechen gut englisch und sind sehr bemüht, uns jeden Wunsch zu erfüllen.

Tagsüber erreicht die Temperatur fast 30°C. Das sei Frühling, heisst es. Zum Glück sind wir nicht im Sommer da! Wir dürfen es uns unter dem schattenspendenden Baum vor dem Haus gemütlich machen, während aus dem Fenster Weihnachtsmusik ertönt, live gespielt am Klavier. A propos Weihnachten: Nirgendwo sehen wir Dekorationen oder Blinklämpchen an Häusern und Geschäften, es ist ja auch lange hell. Aber auf diesem Stellplatz blinken nachts unzählige Leuchtwürmchen, als müssten sie den fehlenden Weihnachtsschmuck ersetzen!

Die Weiterreise geht in nordwestlicher Richtung durch das ebene Land der argentinischen Grenze entgegen. Die Temperaturen steigen stetig, die Nächte sind schwül. Es ist beruhigend zu wissen, dass wir in ein paar Tagen die Atlantikküste erreichen werden. Vielerorts blühen Oleander, Yuccas, Rosen, Jacarandas und andere Sträucher und Bäume. Der Strassenzustand reicht von gut bis schlecht, unerwartete Schwellen - manchmal gekennzeichnet, manchmal auch nicht - sorgen dafür, dass der Fahrer nicht einschläft.

Die Häuser auf dem Land sind oft sehr einfach, vier Wände und ein Flachdach, selbstgebastelt und zum Teil farbig bemalt. Immer wieder winken uns Menschen beim Vorbeifahren zu. Viele uruguayische Ortschaften verfügen über schöne Parks, in denen man ungefragt und gratis übernachten darf. Als wir uns in einem solchen Park einrichten, kommt ein alter Mann auf einem Töffli angefahren. Spontan streckt er Heinz die Hand zum Gruss entgegen und umarmt mich wie eine alte Bekannte mit einem herzlichen Bienvenido! Natürlich ist er auch neugierig und will genau wissen, was das mit uns und unserem Auto auf sich hat.

Im Grenzort Fray Bentos verspeisen wir bei brütender Hitze die restlichen Frischprodukte, die nicht nach Argentinien eingeführt werden dürfen, bevor wir den Grenzübergang in Angriff nehmen.

ARGENTINIEN

Einwohner: 43 Mio. / Fläche: 2,7 Mio. Km2

Hauptstadt: Buenos Aires / Sprache: Spanisch

Staatsform: Präsidiale Republik

Staatsoberhaupt: Mauricio Marci

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Grenze Uruguay/Argentinien - Mar del Plata - Rίo Negro   2.-9.12.16

Die Zollprozedur dauert gerade mal 30 Minuten!! Niemand will wissen, was wir im Gepäck haben… Niemand fragt nach Lebensmitteln…

Nach dem reibungslosen Grenzübertritt werden wir doch noch von zwei Polizisten, einem Mann und einer Frau, angehalten. Der Mann sieht in unserem Lastwagen wohl einen Warentransport und fragt Heinz, was er importiere. Spontan antwortet er „casa rodante“ (Wohnmobil), worauf die Frau den Kollegen zurückpfeift und uns zur Weiterfahrt durchwinkt. Heinz bringt es fertig, sich mit minimalem Wortschatz durchzuschlagen, während ich immer meine, ein schönes Sätzli machen zu müssen, was dann spätestens bei der Form des Verbs ins Stocken gerät.

Die erste Tafel auf argentinischem Boden enthält eine Information, die zwar nicht stimmt, aber für uns durchaus nachvollziehbar ist: LAS MALVINAS SON ARGENTINAS! (die Falklandinseln gehören zu Argentinien!) Alles klar!

Imposant und beeindruckend ist die Überquerung der Flüsse Rio Uruguay und Rio Paraná. Die Provinz zwischen den Flüssen heisst entsprechend Entre Rίos. Sümpfe mit vielen Vögeln wie Störchen, Fischreihern etc. dehnen sich über weite Strecken aus. Hochspannungsleitungen ziehen darüber hinweg, die Strommasten sind mit grossen Vogelnestern verziert und sehen skurril aus. Offenbar haben sich in diesen Gegenden Zugvögel aus der Nordhalbkugel eingefunden, um hier den Winter zu übersommern - so wie wir! Leider bieten sich praktisch keine Haltemöglichkeiten, jedenfalls nicht dort, wo die Vögel zu sehen sind.

Nun treten wir in die Provinz Buenos Aires ein. Die Stadt umfahren wir in grossem Bogen und rollen in südöstlicher Richtung der Atlantikküste entgegen. Auf einem Stück Autobahn geraten wir ungebremst in ein arges Schlagloch. Das muss man nur einmal erlebt haben! Vor uns fährt ein Lastwagen Schlangenlinie, als hätte der Chauffeur zu tief ins Glas geschaut. Heinz heftet sich an ihn, was sich bewährt. Der Chauffeur kennt wohl diese Strecke und hat einen geschärften Blick für diese heimtückischen Hindernisse.

Auf den immensen, topfebenen Feldern beidseits der Strasse wachsen die argentinischen Steaks heran (und unser Bündnerfleisch!). Ein friedliches Bild, solange die Rinder nicht im Tiertransporter dem Ende ihres Lebens entgegenfahren. Häuser oder Dörfer gibt es nur sehr wenige. Ab und zu sticht ein weiss getünktes Eingangstor zu einer Estancia ins Auge. Und immer wieder tauchen Sümpfe und kleine Seen mit vielen Vögeln auf.

Wir fahren an mehreren Polizeikontrollen vorbei, werden aber immer kommentarlos durchgewinkt. Weil wir so harmlos aussehen? Oder aus Respekt vor dem Alter? Bei der letzten Kontrolle des Tages grüsst Heinz wie gewohnt freundlich mit „buenos dίas“. Da es schon Abend ist, korrigiert der Polizist „buenas tardes!“ Folgsam wiederholt Heinz den korrekten Gruss und wird nach dieser Minilektion von einem schmunzelnden Polizisten zur Weiterfahrt aufgefordert.

Mit der Schnellfähre Francisco, benannt nach dem aus Buenos Aires stammenden Papst, sausen wir über das bis zu 220 km breite Delta des Rio de la Plata nach Montevideo, wo wir nach 2 ¼ Std. eintreffen.

An der Atlantik-Küste

Bei San Clemente del Tuyú erreichen wir die Atlantikküste, wo sich unsere Erwartungen betreffend Klima erfüllen. Obschon es auch hier sommerlich heiss ist, weht ein ständiger Wind und macht die Wärme erträglicher. Die Nächte sind sogar richtig kühl.

Die Badeorte mit ihren kilometerlangen Stränden bereiten sich für den Ansturm vor, der mit dem Feiertag Maria Empfängnis am 8.12. beginnen soll. Wir sind ein paar Tage vorher da und fänden problemlos ein Plätzchen fürs Badetuch, wenn wir denn eines suchten. Stattdessen beobachten wir da und dort das Strandleben und geniessen den Blick übers weite Meer. Im mondänen Badeort Mar del Plata, einer Grossstadt mit 600‘000 Einwohnern, sind wir zwei Nächte praktisch alleine auf einem Campingplatz, der einen Tag nach unserer Abreise überfüllt sein wird. Die Strände der Stadt übertreffen alles, was wir bis jetzt gesehen haben und wir versuchen, uns das Gewimmel von Sonnenhungrigen vorzustellen, die demnächst jeden Quadratmeter in Besitz nehmen werden.

Die Weiterfahrt ist wieder eher von der monotonen Sorte. Flaches Land soweit das Auge reicht, mal eine Kornkammer mit riesigen Getreidefeldern und mächtigen Getreidesilo-Anlagen, dann wieder endlose Pampa mit grossen Rinderherden und mittendurch die schnurgerade Strasse. In den reifen Kornfeldern sichten wir vereinzelt die kleinen, straussenähnlichen Nandus. Sie schlagen sich die Bäuche voll, bevor die Ernte-Monster vorfahren. Einmal wird die Eintönigkeit durch ein besonderes Phänomen unterbrochen. Eine sogenannte Böenwalze, d.h. eine walzenförmige Wolke mit horizontal verlaufender Achse schraubt sich vorwärts. Als wir unter dem Wolkenstrang durchfahren, spüren wir den starken Wind.

Bis jetzt gehören wir immer noch zu den Exoten. Nebst zwei argentinischen Wohnwagen und einem Maxi-Wohnmobil aus Brasilien haben wir noch keine Campierer gesehen. Nach Bahίa Blanca sind wir bald beim Rio Colorado, dem Grenzfluss zu Patagonien. Wir freuen uns auf das Land im südlichen Teil Südamerikas, das zu zwei Dritteln argentinisch und einem Drittel chilenisch ist und spektakuläre Naturschönheiten sowie eine reiche Tierwelt zu bieten hat.

Die Provinz Buenos Aires reicht bis hinunter nach Carmen de Patagones. Dort überqueren wir den Rίo Negro und kommen in die gleichnamige Provinz. Hier nehmen wir nochmals ein Auge voll Badestrand, nachdem die Saison begonnen hat! Du meine Güte!

Mit der Schnellfähre Francisco, benannt nach dem aus Buenos Aires stammenden Papst, sausen wir über das bis zu 220 km breite Delta des Rio de la Plata nach Montevideo, wo wir nach 2 ¼ Std. eintreffen.

Mit diesem Sommerbild senden wir unsere herzlichsten Wünsche für schöne, geruhsame Festtage und ein glückliches, gesundes neues Jahr in die Schweiz!

Heinz + Milly

Eingestellt am 15.11.16/mb

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