KANADA

Einwohner: 35,2 Mio. / Fläche: 10 Mio. km²

Hauptstadt: Ottawa / Sprachen: Englisch + Französisch

Staatsform: Konstitutionelle Monarchie

Staatsoberhaupt: Königin Elisabeth II, vertreten durch

Generalgouverneur David Johnston, Premierminister Stephen Harper

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KANADA I


18.-27.7.2015 Zürich - Halifax - Nova Scotia - New Brunswick - Québec

Abschied - Flugreise - Ankunft

Abschied nehmen ist wohl der schwierigste Teil einer langen Reise. Abschied von lieben Freunden und Nachbarn, von der Familie, von grossartigen Jungen, die uns bedingungslos in unserem Vorhaben unterstützen, Abschied von zwei kleinen, süssen Enkelkindern und einem dritten, das in ein paar Wochen zur Welt kommen wird…

Wenn wir die vielen guten Wünsche, die uns von allen Seiten mit auf den Weg gegeben werden, in einen Koffer packen könnten, hätten wir massiv Übergewicht. Aber in unseren Herzen sind sie

federleicht und wir haben sie immer dabei. Was kann uns schon zustossen, wenn so viele Daumen gedrückt werden und uns so viele liebe Menschen in Gedanken begleiten? Euch allen ein ganz herzliches Dankeschön!


Der Flug via Reykjavik verläuft problemlos. Schön ist vor allem die Sicht durch die lockere Wolkenschicht auf Island mit seinen weiten Schnee- und Gletschergebieten. Vom Atlantik ist nur die Oberseite der dichten Wolkendecke zu sehen, so als wäre die ganze Welt verschneit.

Um 22.30 Uhr, treffen wir im Hotel in Halifax ein. Nach europäischer Zeit ist es bereits 3.30 Uhr in der Früh. Höchste Zeit also, in die Federn zu sinken. Hier bleiben wir drei Nächte und geniessen den Luxus von Platz und Bedienung, Dinge, die wir uns demnächst werden abschminken müssen.

Halifax

Der erste Tag in der Hauptstadt der Provinz Nova Scotia ist ein trüber, regnerischer, windiger Sonntag. Wie schön, nachdem wir wochenlang unter der Tropenhitze in der Schweiz gelitten hatten! Wir nehmen’s gemütlich, der Rundgang unter dem Regenschirm fällt kurz aus. Unser Hotel liegt direkt am Fuss des Zitadellen-Hügels. Gerade ist Wachtablösung im alten Schottischen Fort, die von zwei jungen Männern und einem brüllenden Kommandanten in Kilts protokollgerecht durchgeführt wird.

Am Montagmorgen besuchen wir die in der Nähe des Hotels gelegene Verschiffungsagentur, wo wir äusserst freundlich bedient werden. Auch der Zoll ist in kurzer Fussdistanz zu finden, die Abfertigung geht rassig über die Bühne. Nun haben wir Zeit für die Kleinstadt Halifax, die einwohnermässig etwa Zürich entspricht. Am besten gefällt uns das Hafengebiet,

ausgiebig spazieren wir dem schönen Harbour Walk entlang. Das Wetter liefert keinen Grund zum Meckern mehr, aber es wird in den nächsten Tagen schottisch bleiben: Regen, Aufhellungen, Wind, angenehme Temperaturen. Wir sind hier schliesslich in „Neu-Schottland“.

Was uns in diesen ersten zwei Kanada-Tagen auffällt, ist die Freundlichkeit der Menschen. Zudem ist der Strassenverkehr ruhig, man spürt keine Hektik und die Autofahrer nehmen Rücksicht auf die Fussgänger. Auffallend ist auch die Sauberkeit auf Strassen und Plätzen. Obwohl im Hafenquartier viel Volk unterwegs ist und viele kleine Buden Verpflegung in Verpackungen anbieten, liegt kein Fötzeli am Boden. Der Grund für die Sauberkeit ist einfach: Littering tut weh, es kostet CA$ 250… Wieso geht das bei uns nicht?

Wieder positive Hafen-Erfahrung

Jetzt gilt’s ernst! Per Taxi fahren wir zum Hafen und sehen unseren Iveco schon von weitem. Wunderbar, er ist also angekommen und ausgeladen worden. Im Büro dauert’s höchstens eine halbe Stunde, bis alles erledigt ist. Niemand kontrolliert, was so ein Camper alles beinhaltet. Mein schlechtes Gewissen bezüglich nicht ganz gesetzeskonformer Gegenstände hätte ich mir sparen können, man hätte problemlos den Vorratskasten auffüllen können. Aber wer weiss schon vorher, was nachher ist?

Die Autoinspektion betreffend Schäden fällt ebenfalls positiv aus. Nichts ist beschädigt, kein Kratzer, keine Beule. Wir räumen die Fahrerkabine wieder ein, montieren die abmontierten Geräte, Entfernen eine Anzahl Kleber an Scheiben und Türen, beseitigen sorgsam die Spuren und wischen jedes Stäubchen weg. Schön sieht er aus, unser Hochglanzcamper, im Moment noch!

Viel zu tun

Nun kurven wir zurück zum Hotel, laden das Gepäck ein und checken aus. Unterdessen ist Mittagessenszeit, weshalb wir den nächsten Walmart anpeilen. Beim Italiener gibt’s leckere Lasagne, bevor wir einen Einkaufswagen fassen und im Shoppinglabyrinth nach Nahrungsmitteln suchen, die uns in irgendeiner Weise bekannt vorkommen. Es dauert ein Weilchen. Nachdem alles so sinnvoll wie möglich verstaut ist, machen wir uns auf zum Kanadischen Automobilclub CAA. Als TCS-Mitglieder werden wir wie alte Bekannte begrüsst und bedient. Mit einer Tragtasche voller Karten, Stadtpläne bis hinüber nach Vancouver und einem Campingführer für das ganze Land - alles zum Nulltarif - werden wir mit besten Wünschen auf den Weg geschickt.

Auf los geht’s los!

Nova Scotia

Wir möchten etwas mehr von der Provinz Nova Scotia kennenlernen und natürlich den berühmten Leuchtturm von Peggys Cove sowie das Swissair-Memorial besuchen. Auf der Fahrt südwärts schwenken wir in eine Tankstelle ein. Hier gibt es jedoch keinen Diesel und weiter südlich gäbe es auch nichts dergleichen, werden wir informiert. Wir müssen somit umkehren und zur letzten Tankstelle zurückfahren. Es ist schon später Nachmittag, als wir endlich alle unsere Geschäfte erledigt haben und den Weg zur Küste definitiv einschlagen können. Leider hat ein dichter Nebel die ganze Schönheit der Landschaft und vor allem der Küstenregion eingepackt, sodass wir nur noch den Campingplatz in der Nähe von Peggys Cove erreichen wollen. Auf dem Weg dorhin liegt das Swissair-Memorial. Die zwei Granitrondellen zeigen Richtung Meer hinaus, wo die Swissairmaschine 1998 zerschellte und 229 Menschen ihr Leben verloren. Heute ist der Nebel so dicht, dass man das Meer überhaupt nicht sieht. Wir hoffen auf bessere Verhältnisse für morgen.

Der Campground ist schön an der St. Margarets Bay gelegen. Wir erhalten einen Aussichtsplatz (morgen vielleicht, heute sieht man gar nichts!) Es gelingt uns gerade noch, den 200-Liter-Wassertank zu füllen, bevor ein Wolkenbruch Nachschub vom Himmel liefert. Nicht alle haben so viel Glück wie wir. Zwei Junge mit Zelt sind draussen am Nachtessen, andere Fahrzeuge kommen erst, einer muss seinen Anhänger entfalten und daraus ein Zuhause für seine 4-köpfige Familie zaubern, ein Zwischending zwischen Zelt und Wohnwagen. Von unserem trockenen Stübchen aus beobachten wir das emsige Treiben im strömenden Regen.

Am nächsten Morgen macht sich der Aussichtsplatz bezahlt, der Nebel ist weggespült worden, aber es giesst immer wieder, teilweise recht kräftig. In Peggys Cove haben wir reichlich Gelegenheit, das kleine Fischerdorf mit dem fotogenen Leuchtturm in die Kameras zu bannen. Die ganze Umgebung mutet alpin an mit ihren vom Gletscher abgeschliffenen Granitfelsen. Auch die Vegetation passt dazu, es fehlen nur noch die Alpenrosen.

Der Küste entlang in stetigem Auf und Ab geht die Reise um die St. Margarets Bay und dann quer durchs Land nach Windsor und Truro an der Bay of Fundy. Diese Bucht ist vor allem berühmt wegen der hohen Gezeitendifferenz von 15 Metern. Auf der Nordseite der Bucht ziehen wir westwärts bis Parrsboro, kräftig durchgeschüttelt vom starken Seitenwind, manchmal auch wegen der schlechten Fahrbahn. Heinz muss ständig aufpassen, dass unser Camper, der dem Wind eine grosse Angriffsfläche bietet, nicht von der Strasse getrieben wird. Training für Patagonien, sozusagen.

Die Ebbe hat in der Bucht eine riesige, rotbraune Fläche hinterlassen, abgegrenzt von roten Felsen am anderen Ufer. Ein Strässchen führt zu einem alten Leuchtturm. Five Islands heisst es hier, weil man von hier aus fünf Inseln sieht. Seit einer halben Stunde strömt die Flut herein, weitere fünfeinhalb Stunden wird es dauern, bis die Bucht aufgefüllt ist. So lange möchten wir jedoch nicht warten, sondern heute noch nordwärts bis Amherst fahren, der letzten Stadt in der Provinz Nova Scotia, bevor wir nach New Brunswick übertreten.

Der Campingplatz heisst Loch Lomond. Da waren wir auch schon, aber in Schottland. Deshalb ist uns das schottische Wetter vertraut, der obligate Platzregen bleibt auch heute nicht aus. Nachbarn von uns stören sich nicht daran. Sie sind mit dem Zelt gekommen und entfachen nun im grössten Regen ein Feuer, um mit ihrem Kind das Nachtessen zu braten. Später kommt noch ein Töfffahrer, der sich ebenfalls ein feuchtfröhliches Feuer gönnt. Wir werden ziemlich geräuchert und hätten doch so gerne etwas frische Luft gehabt!

Die meisten anderen Bewohner des Campingplatzes jedoch sind mit enormen Campern da, gross wie Cars, mit ausfahrbaren Wohn- und Schlafzimmern und dem Privatauto hinten angehängt. So ein Riesengeschwür aus Texas ist vor uns in den Platz eingefahren mit seinem Offroader im Schlepptau. Wir kommen uns klein und hässlich vor und finden unser Häuschen trotzdem der absolute Hit.

New Brunswick

Die Fortsetzung der Reise erfolgt auf dem Trans Canada Highway in nordwestlicher Richtung via Moncton nach Fredericton, der Hauptstadt von New Brunswick. Wenig Verkehr und die rücksichtsvolle Fahrweise machen die Autobahnfahrt zu einem angenehmen Erlebnis, obwohl die Strasse streckenweise reparaturbedürftig ist. Wir bekommen einen ersten Eindruck von der Grösse und Weite dieses Landes. Durch viel Mischwald zieht die Strasse endlos dahin, meistens schnurgeradeaus, manchmal leicht auf und ab und selten mal leicht links- oder rechtsrum. Der Tempomat hält die Geschwindigkeit, man müsste nur das Steuerrad fixieren, dann könnte man bis zur nächsten Kurve locker eine gemütliche Kaffeepause in der Wohnkabine einlegen.

Warntafeln mit stattlichen Hirschen und Elchen, die abends die Fahrbahn kreuzen könnten, verraten, was sich im Schutz der Wälder verbirgt. Ob man je einen Elch zu Gesicht bekommt? Auch Abfall sucht man vergebens neben der Strasse. Niemand will eine saftige Busse riskieren! Tja und heute habe ich mein Début vorne links. Es ist ja keine Kunst, auf dieser Autobahn zurecht zu kommen, nur die Schalterei nach der Ausfahrt bedarf noch etwas Routine und die wird sich in den kommenden Monaten von selbst einstellen. Die Strasse folgt nun dem Flusslauf des Saint John River aufwärts, der sich bei der gleichnamigen Stadt in die Bay of Fundy ergiesst.

Von der GPS-Dame werden wir zum Walmart in Fredericton gelotst, wo man übernachten darf. Für durchreisende Campierer ist das eine gute Sache. Einkaufsmöglichkeit, Toiletten, Wifi (beschränkt, wir versuchen schon lange, Mails nach Hause zu schicken…), ziemlich horizontale Parkplätze. Es sind einige weitere Wohnmobile hier. Interessanterweise fällt unser vergleichsweise kleines Gefährt immer wieder positiv auf. Der Ausdruck „cool vehicle“ ist schon mehrmals gefallen. Heute kommt ein Mann daher, der lachend sagt, er habe dieses Auto schon auf dem Highway gesehen und gedacht, so etwas siehst du nur einmal. Und jetzt steht es da!

Auch das nächste Nachtlager, in Edmundston, beziehen wir auf einem Walmart-Parkplatz, zusammen mit über einem Dutzend Riesen-Camper. Ein Nachbar ist mit seinem „Car“ da, sein Privatauto im Schlepptau. Er kann die Seiten fast auf der ganzen Länge ausfahren und hat somit mehr Platz, als manch einer in seiner Wohnung. Ein anderer Nachbar kommt vorbei und fragt, ob er unser WoMo fotografieren dürfe. Einige Walmartbesucher kurven an uns vorbei, begutachten das Fahrzeug vom Auto aus und strecken den Daumen in die Höhe. So ein kleines, geländegängiges Häuschen inmitten von gewaltigen Luxusmobilen erregt Aufmerksamkeit. Letztere gehören schliesslich zur Tagesordnung und fallen nicht mehr auf.

Québec

On parle franҫais!

Bis Rivière-du-Loup am St. Lorenz-Strom sind es gute 100 km. Die Landschaft ist etwas hügeliger geworden und manchmal bieten sich gewaltige Blicke über ein unendlich weites Land. Anscheinend hat es hier besonders viele Elche, die Gefahrentafeln häufen sich. Es wäre doch schön, wenn sich so eine „Gefahr“ mal zeigen würde - am Strassenrand meine ich, nicht vor den Rädern!

Schon bald fängt es einmal mehr heftig zu regnen an. Ursprünglich hatten wir uns überlegt, in Rivière-du-Loup eine Walbeobachtungstour mit dem Schiff zu unternehmen. Sie dauert 3 ½ Stunden, kostet nicht wenig und falls sich keine Wale zeigen sollten, bekommt man einen Gutschein für eine spätere Tour. Das nützt uns natürlich nichts, denn wir wollen nicht aufs Geratewohl hier bleiben und auf die Gunst der Wale warten. Nun nimmt uns der Regen definitiv die Entscheidung ab. Wir parkieren bei der Touristeninfo und beraten, wie’s weitergehen soll.

Beim Abfahren ertönt ein Alarm. Am Armaturenbrett ist nichts Auffälliges zu sehen, der Motor läuft normal. Aber es pfeift ununterbrochen und nervt. Wir fahren trotzdem ab in der Hoffnung, das höre einfach von selber mal auf. Tut es natürlich nicht, sondern es nervt fröhlich weiter. So fahren wir pfeifend zum Fährhafen, steigen aus, beobachten die Fähre bei Anlegen, schiessen ein paar Bildchen und kehren zum Auto zurück. Hoppla, die Eingangstreppe der Wohnkabine ist nicht eingezogen (das geht auf mein Konto), wir sind also mit vorstehender Treppe herumgefahren! Nachdem diese wie es sich gehört versorgt ist, gibt es auch keinen Grund für einen Alarm mehr…

Unterdessen hat es ausgeregnet, zaghaft meldet sich die Sonne zurück. Dem imposanten St. Lorenz-Strom entlang rollen wir in westlicher Richtung weiter, teils auf der Autobahn, teils auf der Küstenstrasse. Etwas ausserhalb von Québec machen wir erneut „Walmart-Camping“ und sind dabei in guter und zahlreicher Gesellschaft.

Nun kommt die Stadt Québec an die Reihe. Zuerst müssen wir herausfinden, ob ein öffentlicher Bus in die Altstadt fährt. Könnte ja sein. Ich frage die junge Frau am Walmart-Kundendienst und sie gibt mir bereitwillig Auskunft. Nur, ich verstehe kein Wort! Dass hier französisch gesprochen wird, ist bekannt. Kein Problem für Schweizer, wir können das ja. Plus ou moins. Aber dieser Québec-Dialekt! Ich frage zwei-, dreimal nach, sie gibt mir zwei-, dreimal die gleiche Antwort und ich verstehe immer noch kein Wort. Schliesslich bringe ich es doch auf die Reihe. Es gibt einen Bus in kurzer Fussdistanz und irgendwo muss man umsteigen auf den Metrobus. Wer hätte das gedacht! Wir halten also exakt CAD 3.25 pro Person bereit. Schon in Halifax haben wir gelernt, dass man den genauen Betrag in die Kasse werfen muss und der Fahrer kein Wechselgeld geben kann. Trotzdem sind wir erstaunt, dass jeder, der kein Abo besitzt, eine Handvoll Münzen einwirft und niemand das kontrolliert. Es gibt auch kein Billett. Nach dem Umsteigen müssen wir nochmals den gleichen Betrag einwerfen. Dafür dauert die Fahrt in die Altstadt rund 50 Minuten.

Am Morgen hat es noch geregnet, jetzt wird es sonnig und schwülwarm. Unser Bummel durch Québecs Altstadt richtet sich deshalb weniger nach den Sehenswürdigkeiten, als nach dem Schatten. Die Stadt hat viel französischen Charme, wir schlendern Strassen auf und ab und schwitzen vor uns hin. Im Laufe des Nachmittags ziehen schwarze Wolken auf, es donnert bedrohlich, sodass wir uns etwas vorzeitig auf die Rückreise machen. Völlig klebrig kommen wir zurück ins aufgeheizte Auto. Spontan entscheiden wir, in der klimatisierten Fahrerkabine ein Stück weiter Richtung Montreal zu fahren und auf dem Campingplatz in Batiscan direkt am Fluss zu nächtigen. Kaum sind wir dort eingetrudelt, trommelt ein heftiger Platzregen aufs Dach.

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eingestellt am 30.7.15/mb

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